Balingup - Pemberton
160 km
Tag 22
13. November 2022
17 km
Nach der Verabschiedung von meiner wunderschönen aber auch sehr besonderen Unterkunft und dessen Besitzern ging es nur ein paar Meter auf die andere Straßenseite. Dort genehmigte ich mir noch einen letzten Luxus der Zivilisation und trank einen Kaffee (natürlich typisch australisch als Flat White versteht sich) und einen Cheesecake. Gut gestärkt trat ich nun den kurzen, aber abwechslungsreichen Wandertag an. Zuerst ging es direkt nach Ortsausgang durch einen wundervoll angelegten Park (Golden Valley Tree Park) mit Bächen, Seen und verschiedensten Bäumen. Diese sind, zumindest meines geringen Kenntnisstandes in der Botanik nach, eher europäisch als einheimisch. Dieses leise Gefühl von Heimat sollte mich auch auf den nächsten Kilometern begleiten. Denn es ging nicht nur durch den bereits bekannten australischen Wald, sondern auch durch Wiesen, Felder und Nadelwald. Vor allem Ersteres erfreute mich sehr, denn endlich hatte man auch einen guten Ausblick, wenn man sich mal wieder einen Hügel hinaufgearbeitet hatte. Zudem erinnerten mich die Hügel an die atemberaubende irische Landschaft, auch wenn hier alles etwas trockener anmutet. Vorbei an Pferden und Kühen bzw. mitten durch ihre Weide verlief der Wanderweg stets bergauf und bergab. Wobei der letzte Teil sogar fast wie ein alpiner Steig verlief. Auch wenn es dazu viel Fantasie benötigt, so bin ich doch hier gerade einmal 250 m ü. NN :)
Tag 23
14. November 2022
18 km
Der Morgen startete fantastisch mit einem wolkenlosen Himmel. Ich nahm mir entsprechend viel Zeit bevor ich aufbrach um die wunderbare Aussicht von der Hütte aus zu bestaunen. Aber irgendwann ging es auch für mich los. Das hieß vor allem erstmal wieder steil bergab ins Tal zu wandern. Dort angekommen erwartete alle Wanderer eine kleine Überraschung. Der Landbesitzer auf dessen Kand wir uns gerade befinden, hat eine Kühlbox voll mit frischem Obst an einem Picknickplatz aufgestellt. Es war also wieder Zeit für eine Rast und das auch noch mit schönem Blick auf den Blackwood River. Nach dieser kleinen Freude am Morgen ging es weiter entlang am Fluss bis man diesen überquerte. Es folgte ein erneuter Aufstieg in die Hügellandschaft. Leider ist mir vom restlichen Tag nicht mehr allzu viel in Erinnerung geblieben, da meine Wahrnehmung durch Kopfschmerzen sehr getrübt wurde. Ich war einzig und allein froh am Nachmittag dann an der Hütte anzukommen und mich etwas auszuruhen.
Tag 24
15. November 2022
20 km
Der Tag war geprägt von der Aussicht auf ein gutes Essen und ein weiches Bett. Mit dieser Vorstellung verflogen die 20 km geradezu. Meist ging es dazu durch einen quasi "grünen Tunnel" durch den mittlerweile sehr dichten Wald. Der Wald hatte sich nämlich durchaus geändert. Hier beginnt das Gebiet des Karri, eines größeren Eukalyptus-Baumes. Im Verlauf der nächsten Tage sollen wohl auch die größten ihrer Arten direkt am Weg liegen.
Für mich ging es aber erstmal in das Feriendorf Donnelly River Village. Gegründet wurde es als Siedlung für Arbeiter der ortsansässigen Mühle. Heute hat der Ort keine dauerhaften menschlichen Bewohner. Dafür beherbergt er umso mehr lokale Tierarten. So rennen Emus, hoppeln Kängurus und fliegen Kakadus um die Besucher umher. Aber der Ort hat durchaus noch mehr zu bieten, so zum Beispiel einen Badesee mitsamt Strand. Diesen nutze ich auch gleich nach dem Mittagessen aus und war dabei fast alleine, bis auf ein paar neugierige Emus. Danach wollte ich es mir in meinem Bett gemütlich machen, wurde allerdings von zwei netten Herren in ihr Ferienhaus zu ein oder zwei Bier eingeladen. Dazu konnte ich natürlich nicht nein sagen und verschob das Ausruhen auf später. Es stellte sich heraus, dass diese Beiden für die Bibbulmun Organisation als Freiwillige arbeiteten. Sie wollten am nächsten Tag einen Abschnitt des Weges begehen und schauen ob alles in Ordnung ist. Aber an diesem Nachmittag sprachen wir noch über viele andere Themen als über den Wanderweg selbst. Vor allem durch solche Gespräche bekomme ich immer mehr Einblick in die australische Kultur und Denkweise. Damit verbunden ist sogleich ein unvermeidliches Ergebnis des Reisens - das Reflektieren der eigenen Denkweise, die Inspiration für Optimierung oder Veränderung oder die Erkenntnis für welche Dinge man dankbar sein kann, die selbstverständlich erscheinen. Nachdenklich und dankbar verabschiedete ich mich von meinen Gastgebern.
Tag 25
16. November 2022
16 km
Nach einem kleinen Frühstück mit Kaffee und Kuchen ging es ein letztes Mal vorbei an den vielen Emus und Kängurus. Ich verließ den Ort wieder in Richtung des Waldes. Für den Nachmittag waren Gewitter angekündigt und so beeilte ich mich doch ein wenig nach dem ich erst gegen 9 Uhr gestartet bin. Der Weg machte es mir allerdings einfach zügig voranzukommen. Er war breit und mit angenehmen Steigungen versehen. Zudem war es gefühlt der erste Wegabschnitt bei dem mir keine Bäume im Weg lagen, die überwunden werden mussten. Nach gut 4 Stunden kam ich somit ohne Probleme am Tagesziel an. Der Nachmittag an der idyllischen Tom Road Campsite bot Zeit für Stille, aber auch Gespräche mit den bekannten Tasch & Russ aber auch Maddy, die uns seit Balingup auch begleitet. Das Gewitter konnte man zwar wahrnehmen, allerdings nur in der Ferne und so nutzen wir diese Möglichkeit für ein Lagerfeuer am Abend.
Tag 26
17. November 2022
23 km
Ein Blick auf die Karte versprach wieder etwas Abwechslung zu den letzten Tagen. So ging es den ganzen Tag am Donnelly River entlang. Dies bot, zumindest theoretisch, immer wieder eine Gelegenheit zum Baden. Allerdings war das Wetter sehr wechselhaft und mit ca. 15° C auch nicht wirklich einladend für eine noch kühlere Erfrischung. Aber es gab natürlich trotzdem ein paar schöne Ausblicke auf den Fluss. Zwei weitere Highlights möchte ich euch nicht vorenthalten. Zum Einen ist das eine Brücke, und nicht etwa die heutige Seilbrücke, welche aber durchaus Freude bereitet beim Darübergehen. Sondern viel mehr meine ich die One Tree Bridge. Diese besteht, ganz dem Namen nach, aus lediglich einen Baumstamm und wurde hier als Flussquerung im 19. und 20. Jahrhundert verwendet. Sehr simpel aber auch sehr effektiv, denn die Karri-Bäume der Umgebung haben immerhin einen großen Stammdurchmesser. Falls euch das nicht begeistert hat, ist das zweite Highlight vielleicht besser. Ich habe nämlich am Nachmittag den "Halfway Point" passiert. Dieser markiert genau die Hälfte des Bibbulmun Tracks und war somit für mich ein besonderer Meilenstein. Zwar bin ich mir nicht ganz sicher wie die offizielle Kilometerzahl von 1002 km zustande kommt. Aber egal, so ein Schild hat trotzdem etwas und vor allem mir den Tag versüßt.
Tag 27
18. November 2022
19 km
Wie soll ich so einen Tag beschreiben, frage ich mich gerade. Vielleicht mit: "Es lief einfach nicht" oder "ein Tag zum Vergessen". Leider gibt es solche Tage auch auf Wanderschaft, genau wie im normalen Leben auch. Aber warum eigentlich bzw. Warum war es eigentlich gar nicht so schlimm?
Ich wachte auf und dachte mir nichts Böses als ich meinen Rucksack betrachtete. Aber es war nicht alles wie gewohnt, sondern ich fand Stoffetzen vor. Und dann könnte ich auch schon die Ursache dafür sehen, denn ich erblickte ein ziemlich großes Loch in meinem Rucksack. Dieses hatte vermutlich eine Ratte hineingebissen. Immerhin fehlte nichts von meinen Sachen, nicht Mal mein Essen. Und Maddy hätte auch gleich eine Notlösung für mein Problem parat, einen Müllsack den ich über den Rucksack stülpen konnte. Richtig flicken kann ich das Loch wohl erst in Pemberton, der nächsten Stadt.
Desweiteren hatte es die ganze Nacht ununterbrochen geregnet und auch am frühen Morgen änderte sich daran wenig. Ich brach entsprechend spät auf, als das Wetter vielversprechender aussah. Allerdings war es genauso wechselhaft wie gestern, jedoch mit größeren Extremen. Meist regnete es stark, manchmal hagelte es und auch Blitz und Donner hatten ihren großen Auftritt. Ich war schon nach kurzer Zeit ordentlich nass bzw. war mir kalt, da es auch nur ca. 10° C warm war, womit ich im australischen Sommer nicht gerechnet hatte. Infolge des Niederschlags waren die Wege sehr rutschig und schlammig. dlDie Strecke wurde zudem oft als Rollercoaster, also Achterbahn beschrieben, was das ständige steile Auf und Ab gut beschreibt. Allerdings bin ich trotz allem Unmut dankbar am Ende der Wanderung in einer trockenen Hütte untergekommen zu sein, nicht ausgerutscht zu sein und mich ausruhen zu dürfen. Es gibt auch an einem solchen immer noch mehr als genug Gründe dankbar zu sein. Vielleicht muss man sie nur ein Wenig suchen…
Tag 28
19. November 2022
20 km
Auch heute ging die Wander-Achterbahn unaufhörlich weiter. Ich bin immer sehr fasziniert, wie auf diesem Weg Höhenmeter produziert werden ohne irgendeinen nennenswerten Berg zu haben. Naja zugegeben vielleicht bin ich manchmal mehr genervt als fasziniert. Aber es ist ja auch alles ein bisschen Training für Neuseeland. Nur dann mit hoffentlich mit mehr Aussichten.
Trotz allem ging es gut voran und der Weg hatte sogar richtige touristische Highlights zu bieten. Zum einen ging der direkt an den Beedelup Falls vorbei. Zum anderen machte ich einen kleinen Umweg um auch den Walk-Through Tree zu besichtigen. Da es den ganzen Tag nieselte waren auch nur wenige andere Besucher unterwegs. Den Zag ließ ich dann wie gewohnt in der Hütte ausklingen. Dabei bekam ich sogar ein Abendessen von Tasch und Russ geschenkt und müsste nicht die Ramen-Nudeln essen, welche es wahrscheinlich in nächster Zeit nicht mehr in meinen Einkaufskorb schaffen werden. Es gab also stattdessen "Dal" also Linsen und Erbsen mit indischem Gewürz, ein wahrer Genuss.
Tag 29
20. November
23 km
Es ging wieder in Richtung Zivilisation und für mich noch fast wichtiger, dass damit diesmal wieder ein Pausentag verbunden war. Der Tag stand also ganz im Zeichen des Erreichens von Pemberton. Es gab aber dennoch interessante Entdeckungen auf dem Weg zu machen. Am Wegesrand lag nämlich ein sogenanntes Arboretum, quasi ein Baummuseum. Da gab es allerdings diesmal nicht die einheimischen Bäume zu sehen, davon hatte ich ja auch bereits mehr als genug gesehen, sondern Bäume aus der ganzen Welt. Weiter ging es zunehmend durch Farmland und ich fühlte mich gleich wieder heimisch. Zuletzt ging es noch vorbei am herrlich gelegenen Big Brook Dam auf die Zielgerade Richtung Pemberton. Dort ließ ich mich auf dem Campingplatz nieder und genoss eine warme Dusche. Ein wahrhaft gelungener Tag.
Tag 30
21. November
0 km
Pausentag in Pemberton!
Es wurde wieder die australische Küche bemüht, so gab es Aussie Pie zum Frühstück, quasi Teig gefüllt mit Herzhaftem, in meinem Fall Huhn und Bärlauch, sowie Sausage Roll, quasi das gleiche nur in anderer Form zum Mittag ;)
Ansonsten würde eingekauft und mein Rucksack wieder halbwegs repariert. Zudem bekam ich wieder Essen zum Abendbrot geschenkt. Die netten Damen um die 60 feierten einen Geburtstag hatten aber leider zu viel Fleisch auf den Grill gehauen, was somit für mich übrig blieb. Ich liebe Campingplätze :)
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