Kalamunda - Dwellingup
200 km
Tag 1
23. Oktober 2022
10 km
Endlich ist der langersehnte Tag da, der erste Tag meiner ersten echten Fernwanderung. Aber bevor es richtig losgehen konnte, musste ich noch alles zusammenpacken, was aufgrund der Masse an Essen, es musste immerhin für 10 Tage reichen, nicht allzu einfach war. Als dann doch alles seinen Platz gefunden hatte, ging es mit dem Bus von Cloverdale, wo ich 3 Nächte verbracht hatte, nach Kalamunda. Ich hatte sogar Glück und die Busfahrt war kostenlos, ich vermute dass es Sonntag immer so ist, bin mir aber nicht sicher. In Kalamunda angekommen erblickte ich auch schon den nördlichen Startpunkt des Bibbulmun Tracks. Noch schnell eine Passantin gefragt ob sie ein obligatorisches Startfoto von mir machen könnte und dann ging es auf die ersten Meter des Weges. Es fiel einem gleich die rote Farbe der Erde ins Auge, die ich in meiner Zeit in Perth nicht so wahrgenommen hatte. Über größere Pfade ging es durch die letzten Ausläufer der Zivilisation hier draußen. Gestartet bin ich mit bewölkten Wetter, was aber nach einiger Zeit den befürchteten Regen nach sich zog. Aber gut gewappnet mit meinem Regenschirm, ging es über Stock und Stein sowie bergauf und bergab durch den australischen Wald. Nach ca. 8 km traf ich überraschenderweise doch wieder auf Zivilisation. Dort war ein Café direkt am Wegesrand und ich genoss diese unerwartete Begebenheit mit einem Kaffee und einem überbackenem Käsesandwich. Danach ging es weiter im Regen, allerdings in veränderter Landschaft. Denn in dem nächsten Gebiet haben erst vor kurzem geplante Brände stattgefunden (prescribed burn). Diese sollen wohl davor schützen, dass im Sommer noch größere Gebiete des Waldes den natürlichen Bränden zum Opfer fallen. Eine durchaus interessante Herangehensweise, auch wenn sie wohl umstritten ist. Aber leider weiß ich dafür zu wenig über die Vor- und Nachteile. Aber auf jeden Fall kam ich nach gut 10 km insgesamt an meinem Tagesziel an, der Hewett's Hill Campsite.
Tag 2
24. Oktober 2022
20 km
Der zweite Tag startete mit einer überraschenden Begegnung auf dem Weg zur Toilette. Dort ließ es sich gerade ein Känguru gut gehen und machte ein wenig Frühstück. Ich bemerkte es erst als ich ca. 5 Meter von ihm entfernt stand. Aber zum Glück störte sich das Tier recht wenig daran einen interessierten Beobachter zu haben.
Danach ging es auch schon los. Das erste Ziel war das Mundaring Weir, ein wahrlich beeindruckender Staudamm. Aber auch nicht wirklich anders als unsere heimischen Talsperren. Das tatsächlich faszinierende an diesem Ingenieurbauwerk ist, dass das gewonnene Trinkwasser 600 km gen Osten transportiert wurde. Dort lagen riesige Goldvorkommen und um sie abzubauen benötigten die Arbeiter ausreichend Wasser, was in der Region quasi nicht vorhanden ist. Es gäbe noch einige interessante Geschichten dazu zu erzählen, z.B. warum sich der Chef-Ingenieur vor Fertigstellung das Leben nahm etc. Aber da ich nicht alle langweilen möchte, können alle Interessierten es ja einmal googeln.
Auf jeden Fall ging es für mich weiter durch die umliegenden Hügel, die einige schöne Aussichten auf den künstlichen See boten. Später kam ich zur nächsten Hütte, der Ball Creek Campsite. Dort gab es Mittag, kulinarisch wertvolles Mac n Cheese versteht sich. Danach führte der Weg wieder hauptsächlich durch den Wald, aber auch so manche interessante Gesteinsformation konnte man bestaunen. Dann ging es noch schnell über den Mount Hall, mit sagenhaften 325 Höhenmetern :) und ab zum heutigen Schlafplatz. Dieser nennt sich Helena Campsite und diesmal habe ich tatsächlich auch das Zelt aufgebaut, da doch recht viel Betrieb in der Hütte herrschte. Den Abend verbrachte ich dann noch mit netten Australiern, die mir viele nützliche aber auch unnütze Infos zu ihrer Heimat mitteilten. Alles in allem war es eine gesellige Runde und es wurde viel gelacht. Eine willkommene Abwechslung zur gestrigen einsamen Nacht.
Tag 3
25. Oktober 2022
17 km
Der Morgen begann damit das leider nassgewordene Zelt wieder abzubauen. Aber immerhin gab es danach ein paar gute Gespräche zum Frühstück auf der Hütte. Sehr froh war ich außerdem darüber, dass mir jemand aus der Gruppe seine Nummer als Notfallkontakt für Australien gab. Und schon ging es auch wieder los auf den wunderbar ausgebauten Bibbulmun Track. Dieser bot, bis auf einige schöne Ausblicke keine wirklichen Highlights. Die ersten 10 km ging es ständig bergauf und bergab, bis ich zur Waaleagh Hütte kam. An dieser wurde zu Mittag gegessen und ich traf sowohl alte Bekannte, von der vorangegangen Hütte, sowie neue Bekanntschaften, die mich wohl auch noch ein Stück begleiten werden. Denn es sind die ersten die den Weg als Ganzes gehen wollen, wie auch ich, von Kalamunda nach Albany. Es ist ein Paar aus dem Northern Territory von Australien, Tasch und Russ. Mal sehen, wie oft wir uns tatsächlich treffen. Der Nachmittagsabschnitt war wesentlich flacher und sehr angenehm zu laufen. Dadurch kam ich bereits 16 Uhr an der Beraking Hütte an und könnte den sonnigen Nachmittag in vollen Zügen genießen. Und das war auch schon der dritte Tag meiner Wanderung :)
Tag 4
26. Oktober 2022
22 km
Der vierte Tag begann bereits um 6 Uhr früh. Es hatte sich eine allgemeine Aufbruchsstimmung in der Hütte breit gemacht. Auf mich wartete ein kurzer Abstieg ins Tal, gefolgt von einem umso längeren und teilweise unerwartet steilen Aufstieg zum Mount Dale. Dieser ragt mit seinen 546 Höhenmetern weit über die übrigen Berge der Umgebung hinaus und so hatte man eine grandiose Aussicht in alle Richtungen. Nichts als Wald, es war kein Anzeichen auf Zivilisation zu sehen. Das ist für uns Mitteleuropäer zumindest eine sehr faszinierende Erkenntnis. Leider konnte ich nichts davon in Bildern einfangen, da ich dachte mein Handy sei kaputt, dabei war es nur so dunkel, dass man nichts auf dem Bildschirm erkennen konnte. Schade eigentlich. Aber so konnte zumindest ich mir die Belohnung für den Aufstieg abholen, auch wenn auf dem Berg so viele Fliegen wie noch nirgendwo umherschwirrten. Nach dem Abstieg gab es an der nächsten Hütte schon wieder Mittag. Der folgende Abschnitt verlief relativ unspektakulär durch den Wald. Das einzig Erwähnenswerte ist, dass ich mich dort das erste Mal verlief und dem Tagespensum ungewollt 2 km hinzugefügt habe. Abends gab es an einer schönen neuen Hütte auch noch einen wundervollen Sonnenuntergang zu bestaunen.
Tag 5
27. Oktober 2022
26 km
Der Tag begann wie immer mit einem Frühstück und dem Einpacken aller Sachen in den Rucksack. Meine Wegbegleiter Russ und Tasch hatten auch wieder mit mir auf dieser Hütte übernachtet. Sie verließen sie allerdings ca. 1 Stunde vor mir, was sich in den nächsten Tagen ähnlich verhalten sollte. Anscheinend bin ich nicht wirklich die Morgenperson bzw. nicht so schnell und organisiert wie die Beiden in ihren Abläufen. Das ist allerdings nicht schlimm, da wir dadurch die Tage immer "alleine" verbringen und am Abend darüber austauschen können, was auch sehr schön ist.
Auf dem Weg kreuzte ich zuerst den Highway, welcher allerdings genauso viele Autos zu bieten hatte, wie Albernau Busverbindungen am Wochenende… nämlich keine ;)
Weiter ging es durch den wunderschönen westaustralischen Wald mit all seinen Wildblumen. Ich bin zwar kein blühender Fan von den bunten Gewächsen und noch weniger ein Kenner derer, allerdings sind sie dennoch sehr hübsch anzuschauen und geben der Landschaft das gewisse Etwas. So ging es für mich durch diese faszinierende Landschaft bis zum Tagesziel, der Monadnocks Campsite. Fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass ich an diesem Tag auch meine erste Schlangenbegegnung hatte. Diese lag völlog entspannt auf dem Weg, verschwand allerdings Recht schnell als sie die Erschütterungen des Bodens wahrnahm. So ist mir das zugegebenermaßen auch am Liebsten.
An jenem Abend würde ich von den anwesenden Mitwanderern noch reich beschenkt. Es gab Öl, geriebenen Parmesan und ein Stück Käse. Es ist schon wahrlich erstaunlich wie nett die Leute auf diesem Weg sind und wie eine einzige Tätigkeit, in dem Fall das Wandern, völlig fremde Menschen auf besondere Weise verbinden kann. So macht ein Fernwanderweg gleich nochmal viel mehr Spaß.
Tag 6
28. Oktober 2022
25 km
Der Tag begann mit einer sehr schönen und köstlichen Überraschung. Ein älteres Ehepaar, was ebenfalls in der Hütte geschlafen hatte, schenkte mir eine Packung Fertigreis und eingeschweißten Lachs. Dies sollte gleich mein heutiges Abendessen sein und das erste Mal seit Beginn der Wanderung gab es dabei keine Nudeln. Eine echte Besonderheit und eine kleine Freude auf dem Trail.
Der Weg selbst hatte aber auch einige Freuden für mich vorbereitet. So ging es gleich über 3 Berge. Den Mount Cuthbert, Mount Vincent und Mount Cooke. Dabei ist der zuletzt Genannte auch der Höchste mit 571 m. Allerdings boten alle 3 sehr schöne Aussichtspunkte über die schier endlosen Eukalyptus-Wälder Westaustraliens. Was sie noch gemeinsam hatten, waren der unglaublich starke Wind und die schlechte Beschilderung. So verlief ich mich auf 2 Bergen etwas, zwar war ich auf Wegen unterwegs, diese gehörten allerdings nicht zum Bibbulmun Track. Dieses Problem hatten aber sowohl meine Mitstreiter Tasch und Russ, als auch viele Andere, wie wir anhand des Trail Log Books feststellen konnten. Diese Bücher liegen in jeder Hütte aus und es wird jedem Wanderer empfohlen sich dort einzutragen. Das hat gleich mehrere Nutzen. Zum Einen kann ein Suchteam im Falle des Verlorengehens auf dem Weg den Verlauf einer Wanderung nachvollziehen. Zum Anderen kann man sehen wer sonst noch so den Trail wandert. Dadurch, dass dort zahlreiche Informationen eingetragen werden, wie Herkunft, Startort und Zielort, sowie Platz für einen Kommentar gelassen wurde, ist es eine meiner liebsten Beschäftigungen auf der Hütte geworden diese Notizen zu lesen.
Jedenfalls kam ich etwas erschöpft von der Wanderung an meiner Übernachtungshütte an und vollzog möglichst schnell die Abendroutine, um dann auch pünktlich mit Sonnenuntergang schlafen gehen zu können.
Tag 7
29. Oktober 2022
16 km
Meine bereits bekannten Mitwanderer Tasch und Russ verabschiedeten sich sehr früh morgens von mir, ca. 6 Uhr. Denn die beiden hatten vor heute 32 km zurückzulegen. Für mich ging es nur auf eine Hälfte dieser Etappe. Dementsprechend drehte ich mich nocheinmal im Schlafsack um. Aber irgendwann gegen 8 Uhr startete auch ich meinen Weg. Es war so kalt geworden, dass ich sowohl mit langer Unterhose, als auch Jacke und Schlauchtuch (buff) unterwegs war. Ich glaube zu diesem Zeitpunkt wäre es angenehmer gewesen in Deutschland zu wandern. Aber ich will mich nicht beschweren, denn es ist immerhin ein großes Privileg hier in Australien so herumzuspazieren. Der heutige Weg bot allerdings keine wirklichen Highlights. Er führte bei nasskaltem Nebel durch den immer gleichen Wald. Zum Glück hatte ich einige Hörbücher etc. und vertrieb mir damit die Zeit. Nach rund 4 Stunden kam ich bereits an meinem Ziel an, kochte Essen und bereitete das Nachtlager vor. In der trockenen Unterkunft, namens Ginger Creek Campsite, konnte ich den restlichen Tag noch ein wenig lesen und die weitere Strecke planen. Auch so ein kurzer Tag kann manchmal seine Vorzüge haben.
Tag 8
30. Oktober 2022
31 km
Nachdem der vorherige Tag eher von schlechtem Wetter geprägt war, kam heute wieder die Sonne zum Vorschein. Das war mein Glück, denn ich hatte vor den ersten Tag über 30 km zu laufen. Ich ging los und kam kurz darauf zum Highway. Weiter ging es auf einer Forststraße, die zugleich zwei völlig unterschiedliche Gebiete voneinander trennte. Rechterhand war der mir schon gut bekannte Eukalyptus-Wald, linker Hand allerdings bot sich mir kein allzu schönes Bild. Es waren brandgerodete Flächen oder die Aufforstung mit europäischen Baumarten zu sehen. Das passte genauso wenig ins Landschaftsbild wie die folgende Goldmine, aber ist trotzdem ein Teil von Australien, wenn auch nicht der Sehenswerteste. Später ging es wieder auf einen Hügel hinauf, im Speziellen den Boonering Hill. Beziehungsweise ging es nicht wirklich auf seine Spitze, aber egal denn sogleich folgte der nächste Hügel und diesmal auch mit ordentlicher Aussicht. So gerne wie ich diese auch genießen wollte, so bald musste ich auch wieder in den Wald hinabsteigen, da aufgrund des starken Windes und der Kälte es richtig ungemütlich war. Ein wenig später kam auch der letzte Abstieg zu meinem heutigen Etappenziel, Mount Wells Campsite. Zu meinem Erstaunen fand ich eine Hütte vor die eher wie ein kleines Häuschen aussah. Drei separate Räume und sogar einen Ofen, der aber offensichtlich außer Betrieb war, komplettierten das Bild nach einem Blick ins Innere. Den Abend wollte ich auf dem nahegelegenen Aussichtsturm ausklingen lassen. Von dort hätte man auch wunderbar den Sonnenuntergang beobachten können, allerdings war die Temperatur auf 5° C gesunken. Da verkroch ich mich doch lieber in meinen Schlafsack in meiner heutigen Unterkunft.
Tag 9
31. Oktober 2022
15 km
Nach den gestrigen Highlights mit einigen Ausblicken sollte dieser Tag wieder etwas unspektakulärer werden. Das Einzige gleiche war, dass ich keinen anderen Menschen traf, zumindest auf dem Weg. Denn kurz nachdem ich meine Unterkunft für die Nacht erreicht hatte, kam noch ein Australier aus der anderen Richtung dort an. Er war sehr nett und wir konnten uns viel über das Langstreckenwandern etc. austauschen. Immerhin ist er den PCT (Pacific Crest Trail) in den USA gegangen und komplettiert gerade noch seinen Bibbulmun Track Thru-Hike, den er von Albany kommend in Dwellingup abgebrochen hatte. Es gab also viel zu erzählen und der Nachmittag/Abend war um einiges kürzer als wenn ich ihn hätte alleine verbringen müssen.
Tag 10
1. November 2022
20 km
Nach dem Frühstück verabschiedete ich mich auch schon wieder von meinem Hüttenkumpanen. Ich war sehr gut gelaunt, so sollte es doch heute endlich zurück in die Zivilisation gehen. Dieser Fakt alleine ist es aber nicht de mrich glücklich macht, sondern eher die damit verbundenen Annehmlichkeiten, auf die ich 10 Tage verzichtet hatte. Darunter zählen eine heiße Dusche, saubere Klamotten, ein weiches Bett, ein eigenes Zimmer und gutes Essen. Und mit dieser Vorstellung im Kopf lief ich die verbleibenden 20 km bis nach Dwellingup in 4,5 Stunden. Es war allerdings auch keine wirklich anspruchsvolle Strecke. Dennoch unterschied sie sich von allen anderen Tagen, denn diesmal führte der Weg größtenteils über die stillgelegten Gleise der örtlichen Eisenbahn zu den Goldbergwerken.
In Dwellingup angekommen, wurde dann auch alles umgesetzt, was ich mir bereits auf dem Weg so vorgestellt hatte. Zusätzlich traf ich beim Abendessen noch meine Trail-Freunde Russ und Tasch.
Tag 11
2. November 2022
0 km
Der nächste Tag diente der Essensbeschaffung und Erholung, weshalb es hier wenig zu erzählen gibt. Außer vielleicht, dass ich in einem sehr schönen Café frühstücken war. Dort aß ich zum ersten Mal Pancakes und Carrot Cake, welcher mir von einer Mitwanderin empfohlen wurde. Zugleich konnte ich von meinem Tisch aus die Sperrung der Stadt durch einen Schwerlasttransport live miterleben. Auch der Supermarkt war sehr niedlich, aber es gab alles was man braucht. Alles in allem hat Dwellingup durchaus den Charme einer typischen Western Stadt in den USA, nur halt in australischen Gewand. Irgendwie erinnert sie mich etwas an die Stadt Radiator Springs aus dem Film Cars. Etwas verschlafen und dennoch mit dem gewissen Charme. Perfekt zum Erholen. Hoffentlich habe ich jetzt zumindest bei Einigen meiner Generation ein Gefühl der Nostalgie zum Abschluss des ersten Blogbeitrags erzeugen können.
Ich bin auf jeden Fall gespannt und neugierig was die weiteren ca. 800 km noch so für mich bereit halten.
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Schmidt,Michaela (Freitag, 04 November 2022 18:07)
���♀️
Dan (Sonntag, 13 November 2022 10:33)
Da hast du ja schon viel erlebt echt schön hier die Sachen lesen zu können und etwas dabei zusein.
Mum (Dienstag, 13 Dezember 2022 18:45)
Ich finde dein GPS nicht mehr